Bauernumwandlung

Die Macht des kleinen Mannes.

Ein umgewandelter Bauer entscheidet meistens das Spiel, ganz einfach deshalb, weil man mit einer neuen Dame locker gewinnen kann. Daher versucht man oft ganz bewusst Figuren abzutauschen, sobald man erkannt hat, dass dabei ein gewonnenes Bauernendspiel übrig bleibt. Aber Vorsicht! So einfach wie das hier klingt ist es gar nicht, man muss das schon ein wenig üben und sich ein gewisses Grundhandwerkszeug zulegen. Aber das kriegen wir schon zusammen hin!

Fangen wir mit der einfachen Frage an, ob man einen Freibauern zur Umwandlung durchbringen kann oder nicht. Wer gewinnt in der folgenden Situation mit Weiß am Zug? Schafft es der Bauer zum Umwandlungsfeld oder fängt ihn der schwarze König ab?

Bauernumwandlung.

Probieren wir es einfach aus. Nach 1. a4 Ke4 2. a5 Kd5 3. a6 Kc6 4. a7 Kb7 5. a8D+ schafft es der Bauer tatsächlich. Es gibt aber ein Problem. In folgender Stellung ist dann ja wieder Schwarz am Zug:

Bauernumwandlung.

Es reichte also doch nicht. Muss man das jetzt wirklich jedes Mal im Kopf durchrechnen? Nein. Es gibt die sogenannte Quadratregel. Man zählt die Felder bis zum Umwandlungsfeld und bildet dann zur Seite ein Quadrat. Kann der gegnerische König dieses Quadrat betreten, dann wird er auch die Umwandlung verhindern. Hier einmal exemplarisch das Quadrat aus obiger Stellung:

Bauernumwandlung.

Passt aber auf! Nicht reinlegen lassen! Schafft es z.B. der weiße Bauer am Zug in dieser Stellung?

Bauernumwandlung.

Ja, diesmal schafft er es, obwohl der schwarze König zu Beginn im Quadrat steht. Der weiße Bauer kann aber mit einem Doppelschritt starten und dann wird ihn der König nicht mehr einfangen können, er kommt einfach nicht mehr zurück ins Quadrat:

Bauernumwandlung.

Jetzt wird es schwieriger. Wie gewinnt man, obwohl der gegnerische König im Quadrat steht? Grundsätzlich sollte man mit dem eigenen König immer versuchen vor seinen eigenen Bauern zu kommen und dort den anderen König mit der Opposition oder mit Zugzwang abzudrängen und dann den eigenen Bauern zur Umwandlung zu eskortieren. Man spricht von sogenannten Schlüsselfeldern. Erreicht man eines davon, dann kann man den Gegner erfolgreich abdrängen und den Bauern durchbringen. In folgendem Diagramm seht ihr die Schlüsselfelder für Bauern. Hat man die Mittellinie noch nicht überschritten, liegen die Schlüsselfelder zwei Reihen vor dem Bauern. Hat er die Mittellinie überschritten, dann sind es sogar beide Reihen vor dem Bauern:

Bauernumwandlung.

Wie kann man diese Felder erreichen? Man muss immer in die Opposition ziehen, das ist der Trick. Nur so kann man den Gegner abdrängen. Und wenn man das nicht schafft und der Verteidiger die Opposition hält, dann braucht man einen Wartezug mit dem Bauern, so dass man den anderen in Zugzwang bekommt. Genau deshalb sollte man auch nicht blind mit dem Bauern vorpreschen, damit man zur Not noch einen Wartezug mit ihm ausführen kann. Hat man es falsch gemacht wird Schwarz die Opposition halten und sich in ein Remis retten. Fangen wir damit doch als Beispiel an. Was zieht Schwarz?

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Richtig! Er zieht mit 1. ... Kd7 in die Opposition und verhindert, dass Weiß ein Schlüsselfeld vor seinem Bauern erreicht. Weiß kann jetzt keinen Fortschritt mehr erzielen. Er kann nur mit dem Bauern vorrücken und Schach sagen. Das hilft ihm aber nicht. Schwarz wird immer so ziehen, dass er mit dem nächsten Zug wieder die Opposition hätte. Und wenn der Bauer mit Schach auf die 7.te Reihe zieht, wird es zwingend ein Remis. Nach 2. c6+ Kc8 3. Kd6 Kd8 4. c7+ Kc8 5. Kc6= hätten wir z.B. folgendes Patt:

Bauernumwandlung.

Jetzt das Gleiche von oben nocheinmal, aber diesmal ist Weiß dran und soll gewinnen:

Bauernumwandlung.

Richtig! Weiß zieht in die Opposition und drängt den schwarzen König ab. Nach 1. Kc6 Kd8 2. Kb7 Kd7 ist der Weg für den Bauern freigeräumt:

Bauernumwandlung.

Bei Randbauern wird es schwieriger. Beherrscht der gegnerische König das Umwandlungsfeld, dann hat meine keine Chance ihn aus der Ecke herauszudrängen. Folgende Stellung ist für Weiß nicht zu gewinnen, er könnte höchstens ein Patt herbeiführen:

Bauernumwandlung.

Und selbst diese Stellung ist nicht zu gewinnen, weil der schwarze König den Weißen auf der Randlinie eingesperrt hat:

Bauernumwandlung.

Ihr seht, es gibt viele Gründe auch mit nur einem König alleine noch weiterzuspielen. Gerade Pattmotive können einem oft das Remis retten. Kleiner Test: Was zieht ihr in folgender Stellung mit Weiß?

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Habt ihr euch eine Dame geholt? Das wäre dann ein Patt. Passt bei der Umwandlung immer genau auf. Wenn der Gegner nur noch den König hat oder wenn alle anderen Figuren sich nicht mehr bewegen können, drohen immer solche Pattfallen. Denkt bei jeder Umwandlung lieber noch einmal einen Extra-Moment nach, nicht dass ihr euch hinterher ärgert. In obigen Beispiel wäre 1. f8T die Lösung. Das nennt man Unterverwandlung. Es muss nicht immer die stärkste Figur her, ein Turm reicht auch zum Mattsetzen.

Es gibt noch viele andere Bauernendspiele ohne zusätzliche Figuren oder auch mit, auf die möchte ich hier aber gar nicht mehr explizit eingehen. Sie kommen auch nicht so häufig in der Praxis vor. Mir wären nur noch zwei Motive wichtig, die ihr zumindest einmal gesehen haben solltet. Es geht um die Bauernumwandlung mit Turmunterstützung. Generell sollte man versuchen hinter die Bauern zu kommen mit seinem Turm. Das gilt nicht nur für den Verteidiger, sondern auch für den Angreifer. In dieser Stellung hat Schwarz sich hinter dem weißen Bauern platziert und Weiß hat es nur geschafft, diesen von vorne zu decken:

Bauernumwandlung.

Sollte der weiße König helfen wollen, gibt der schwarze Turm einfach immer nur Schach und rettet das Remis. Und sollte der weiße Turm wegziehen, dann wird der Bauer einfach nur geschlagen. Wie kann man das dann gewinnen? 1. Tg8+ ist der Trick. Jetzt muss Schwarz auf das Schach reagieren und man kann den Bauern zur Dame umwandeln. Natürlich kann der Turm die Dame schlagen, sie ist aber durch den weißen Turm gedeckt. Lassen wir Schwarz seinen König etwas cleverer platzieren, wie gewinnt Weiß nun?

Bauernumwandlung.

Das ist nun schwieriger und wird Umgehung genannt. Nach 1. Th8 geht der Bauer scheinbar verloren, aber nach 1. ... Txc7 2. Th7+ haben wir einen Spieß und Weiß gewinnt. Habt ihr als Verteidiger also eine Stellung wie oben, dann passt auf die Umgehung auf und ihr habt das Remis sicher. Zum Abschluss noch die Lucena-Stellung, nach dem gleichnamigen spanischen Schachspieler, der diese Stellung schon vor über 500 Jahren untersucht haben soll. Mit welcher Taktik gewinnt hier Weiß?

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Die Taktik von Schwarz wäre ja klar. Immer mit dem Turm Schach sagen und entfernt sich der König zu weit von seinem Bauern, dann kann er ihn einfach schlagen. Weiß hat aber einen besseren Plan. Er baut mit seinem Turm eine Brücke. Nach 1. Kd7 Td2+ 2. Kc6 Tc2+ 3. Tc5 kann Schwarz die Umwandlung nicht mehr verhindern:

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