Igel

Pieks, pieks, pieks, bleib mir vom Leib!

Wir haben die Grundprinzipien der Eröffnung kennengelernt, diese hoffentlich auch verinnerlicht, und uns dann der offensiven Eröffnung mittels Gambits zugewandt. Fehlt noch das andere Extrem: der "Igel", auf Englisch "hedgehog".

Der Igel ist eine extrem defensive, platzsparende Aufstellung der Figuren. Man geht über die dritte Reihe nicht hinaus und lässt den Gegner kommen. Und wenn man es geschickt anstellt, findet der Andere keinen Angriffspunkt, eine Eröffnung zum Verzweifeln! Wer verliert zuerst die Nerven?

Theoretisch kann auch Weiß eine Igel-Stellung anstreben, es ist aber typischer für Schwarz. Und es ist auch nicht total auf Defensive ausgelegt. Hinter den Bauern steckt schließlich eine gewaltige Energie, alle schwarzen Figuren warten nur darauf im richtigen Moment auszubrechen und loszuschlagen. Im Igel steckt wirklich eine große Spannung, wann entlädt sie sich?

Schauen wir uns doch einmal den Anfang eines berühmten Beispiels an, Anatoli Karpov gegen Ulf Andersson, 1975 in Mailand. Hier kam es nach 1. e4 c5 2. Sf3 e6 3. d4 cxd4 4. Sxd4 Sc6 5. Sb5 d6 6. c4 Sf6 7. S1c3 a6 8. Sa3 Le7 9. Le2 O-O 10. O-O b6 11. Le3 Lb7 12. Tc1 Te8 13. Db3 Sd7 14. Tfd1 Tc8 zu folgender typischen Igel-Stellung:

Zentrum.

Was sind die Kriterien, die einen Igel ausmachen?

  • Abtausch des schwarzen Bauern auf c5 gegen den weißen auf d4.
  • Als Stacheln die Bauern auf a6, b6, d6 und e6.
  • Die Läufer auf b7 und e7.
  • Die Springer auf d7 und f6 oder c6.
  • Die Dame auf c7 oder d8.
  • Die Türme auf c8 und e8 oder d8.

Und wie geht es jetzt weiter? Schwarz wird versuchen seine Figuren geduldig umzugruppieren und auf die Chance zu warten mit b5 oder d5 den Ausbruch zu wagen. Es ist ein Nervenspiel und Weiß soll sie zuerst verlieren. Für Weiß sieht es anders aus. Durch das Umgruppieren von Schwarz hat der Weiße alle Zeit der Welt seine Figuren zu entwickeln und perfekt aufzustellen. Doch wie verbessert man dann noch eine perfekte Stellung? Wie kann man einem Igel beikommen?

Ein Igel schützt sich, vereinfacht gesprochen, in alle Richtungen gleich stark. Man sollte also versuchen die Wirkung seiner Figuren gebündelt auf einen Bereich des Gegners zu fokussieren, dass alle ihre Wirkung auf den Damenflügel oder Königsflügel konzentrieren. Man könnte auch von den Flanken sprechen, italienisch "il fianco". Prädestiniert hierfür sind die Läufer, die durch die diagonale Zugweise ideal auf die Flanken des Gegners ausgerichtet werden können. Schauen wir uns solch ein sogenanntes "Fianchetto" der Läufer einmal an:

Zentrum.

Beide weißen Läufer sind "fianchettiert" und wirken von b2 und g2 diagonal auf die Flanke des Schwarzen. Und das kann uns auch dabei helfen einen Igel zu "knacken", indem man die Läufer in der Mitte oder auf einer Seite zusammenführt, so dass sie gemeinsam auf die Flanke des Igels wirken können. Also z.B. in der Mitte auf e2 und e3 oder mehr am Rand auf b2 und d3. Oder auch wie im Diagramm oben auseinander auf den Feldern b2 und g2. Weiß hat Platz und Raum genug um seine Figuren schnell umzugruppieren, für Schwarz ist es in der gedrängten Stellung viel schwerer von einer Seite zur anderen zu kommen.

Fazit: Wie auch immer ihr vorgehen werdet: Keine Harakiri-Aktionen gegen Igel! Immer geduldig bleiben!